Wichtige geologische und klimatische Ereignisse der letzten Jahre am Karakorum Highway

1. Der Attabad-See

Am 4. Januar 2010 ereignete sich nur wenige Kilometer oberhalb vom Karimabad, Hunza, ein gewaltiger Bergsturz, die Schlucht des Hunza-Flusses mehrere hundert Meter hoch verschüttete. Innerhalb weniger Monate bildete sich hinter dem natürlichen Damm ein gewaltiger See, der 2011 eine Länge von 27 km erreichte. Dabei versanken 19 km des Karakorum Highways voraussichtlich für immer in den Fluten. Etwa 6.000 Menschen wurden obdachlos. Die Verbindung zwischen dem südlichen Teil des Hunza-Tals in die weiter nördlichen Gebiete und nach China war damit unterbrochen.

Viele Monate währte die Angst, der natürliche Damm könnte unter dem gewaltigen Wasserdruck brechen und damit eine Flutwelle entlang des Karakorum Highway auslösen, die viele Ortschaften zerstören und unzählige Menschenleben fordern würde. Entlastung wurde geschaffen, als es gelang, den Wasserspiegel kontrolliert zu senken, und so auch die Länge des Sees zu verkürzen. Zur teilweisen Wiederherstellung der Verkehrsinfrastruktur ließ die pakistanische Regierung Boote aus Karachi über den KKH zum Attabad-See schaffen. Mit ihrer Hilfe können seitdem Menschen und, unter großen Aufwand, auch kleinere Fahrzeuge zwischen Karimabad und Gulmit transportiert werden.

Parallel wurde ein Projekt unter chinesischer Führung gestartet, durch das in nur 3-jähriger Bauzeit der versunkene Teil des KKH durch einen neuen, 24 km langen Abschnitt ersetzt wurde, eine Meisterleistung. Dabei mussten 6 Brücken errichtet und 5 Tunnel von insgesamt 7 km Länge durch die Felswände gesprengt werden. Die Baukosten sollen etwa 275 Mio. US Dollar betragen haben. Am 14.09.2015 konnte der KKH durch Pakistans Premierminister Nawaz Sharif mit der Freigabe des Pak-China-Freundschaftstunnels wiedereröffnet werden.

Die neue, moderne Strecke ist deutlich schneller zu bewältigen als die frühere. Nachteilig wirkt sich die Konstruktion für die Bootsfahrer aus, die einen Großteil ihres bis dato hervorragenden Geschäfts einbüßen werden. Sie werden aber nicht mehr verschwinden, denn der See mit seiner himmelblauen Farbe in dem canyonartigen Tal unterhalb von 7.000er Gipfeln ist eine touristische Attraktion ersten Ranges und beginnt, abenteuerlustige Fernreisende anzuziehen. Ein neues touristisches Zentrum wird entstehen und für die Menschen, an beiden Enden des Sees, in Hunza und in Gojal, neue Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor.

 

2. Monsunregen und Flutkatastrophe 2010

Gegen Ende Juli 2010 fielen innerhalb von nur 4 Tage Rekordmengen an Monsunregen auf die nördlichen Gebiete Pakistans nieder, z.B. in der Provinz Khyber-Paschtun 415 mm und in der Hauptstadt Islamabad 394 mm. In Peshawar waren es sogar 274 mm an einem einzigen Tag. Die anderen Provinzen mit dem massivsten Anteil an Monsunregen waren der Punjab, Sind und Beluchistan.

Auch die Region Gilgit-Baltistan war betroffen, hier insb. das Industal und viele Seitentäler. Brücken wurden von den Wassermassen weggerissen, Lawinen zerstörten Straßen und Dörfer, Menschen wurden obdachlos oder verloren ihr Leben. Aber auch andere wichtige Infrastruktur nahm schweren Schaden: in der Region um Gilgit gingen etwa 150 Kraftwerke verloren. Nachdem auch eine Indusbrücke den Fluten nicht mehr standhalten konnte, musste der Karakorum Highway geschlossen werden.

Im Laufe des August rollte eine verheerende Flutwelle aus den Bergen durch die Ebenen Pakistans zum Indischen Ozean. Bis Mitte September wurden 1.781 Tote registriert, fast 2 Mio. Häuser zerstört und über 6 Millionen Menschen zu Obdachlosen. Nahezu 1 Mio. Menschen können nur noch aus der Luft mit Nahrung versorgt werden. Die Schäden an Ackerland und Ernte waren gewaltig. Schätzungen des wirtschaftlichen Gesamtschadens beliefen sich auf 40-50 Mrd. US Dollar.

Dutzende von Ländern aus der ganzen Welt leisteten spontane Hilfe. Langsam besserte sich die Lage der betroffenen Menschen, dennoch wird es für viele nicht mehr so sein können, wie es einmal war, besonders für diejenigen, die Verluste an Verwandten und Freunden beklagen mussten. Von den Bergen Pakistans ist zu berichten, dass die meisten der zerstörten oder beschädigten Infrastrukturen bis heute (2016) wiederhergestellt werden konnten.

Ursache für die extremen Regenfälle, die im Norden die stärksten seit etwa 80 Jahren waren, war eine besondere Wetter-/Klimakonstellation. Eine wissenschaftliche Untersuchung ergab, dass es sich dabei nicht um eine Jahrhundertausnahme gehandelt hatte, sondern dass die Situation im mittel- bzw. langfristigen Trend liegt.

 

3. Das Diamer Basha Dam Projekt

Im Jahr 2011 wurde im Rahmen von Pakistans größtem Hydropowerprojekt 40 km südlich von Chilas der Grundstein gelegt für den Bau des Diamer Basha Damms. Nach Fertigstellung des Damms mit einer Höhe von 272 m ist geplant, den Indus auf einer Länge von ca. 100 km bis Raikot Bridge aufzustauen. Der Damm wird eine Höhe von 272 erhalten und einen See mit einer Fläche von 110 qkm begrenzen. Dessen gewaltige Wassermenge entspricht etwa 15 % des mittleren jährlichen Durchflusses des Indus.

Die Bauzeit des Diamer Basha Damms wird mit 8 Jahren angegeben, dessen Kosten mit rund 8,5 Mrd. US-Dollar. Pakistans Regierung verspricht sich von dem Projekt die Lösung der enormen Energieknappheit im Land, die vielerorts auch heute noch zeitweilige Stromunterbrechungen verursacht. Strategisch soll damit auch die Grundlage zur Steigerung der industriellen Entwicklung und des Wohlstandes der Bevölkerung gelegt werden.

Die Petroglyphen des Industals: Bei Shatiyal und einigen anderen Orten befinden sich eine große Zahl von Felsgravuren aus verschiedenen Epochen der pakistanischen Geschichte. Die ältesten, steinzeitlichen Petroglyphen stammen aus einer Zeit zwischen 5.000 und 1.000 v. Chr. und zeigen stilisierte Tiere, Menschen und Jagdszenen. Andere haben ihren Ursprung in der buddhistischen Epoche Pakistans und zeigen Buddhas, Stupas und Symbole. Weitere wurden von Reisenden auf der Seidenstraße angefertigt. Die Inschriften sind in vielen Sprachen erfasst. Die meisten davon konnten identifiziert und teilweise auch entschlüsselt werden.

Die Gesamtzahl der Felsgravuren längs des Karakorum Highways wird auf bis zu 50.000 geschätzt. Der Stausee des Diamer Basha Damms wird einen erheblichen Teil dieser Artefakte in den Fluten versinken lassen und so vernichten. Wissenschaftler haben die pakistanische Regierung eindringlich gemahnt, diesen großen Schatz der Geschichte nicht der Zerstörung preiszugeben. Inzwischen gibt es dezent positive Signale. Man will wenigstens die wichtigsten Petroglyphen bergen und in der Nähe des Damms in einem natürlichen Museum den Besuchern zugänglich erhalten. Dennoch: die Zeit für das Gesamtwerk, das den Titel Weltkulturerbe verdient hätte, läuft ab.

 
Hunza Adventure Leaders ℅ · Pologround Road · Skardu Baltistan · englische Website: hunzaadventureleaders.co